Warum kann ich nicht einfach so, wie früher sein?!

Hallo,

„Warum bist du nicht einfach so, wie früher?“ Diese Frage wurde mir aus tiefster Sehnsucht und Verzweiflung gestellt. Tut mir leid, dass ich sie nicht einfach so ignorieren und als Frage stehen lassen kann. Ich finde sie wundervoll und sie bewegt eine Menge in mir. Danke dafür!

Früher, das ist der Zeitpunkt, an dem ich noch zur Schule ging. Die ersten zwei Semester meines Studiums.

Der Zeitpunkt bevor ich krank wurde.

Wenn ich zurück schaue, dann merke ich, ich habe mich stark verändert. Seitdem ich krank war und gesund wurde, habe ich mich innerlich um 180 Grad gedreht. Das Gefühl habe ich schon seit Langem.

Ich bin einmal ausgestiegen, einmal komplett raus aus meinem Umfeld, aus meinem alten Leben. Was folgte: Eine intensive Auseinandersetzung mit mir und dem Leben. Im Nachhinein würde ich das Jedem empfehlen.

Ja, ich bin nicht mehr die, die ich einmal war. Das ist wahr.

Wenn ich in das Ich von damals hineinfühle, dann fühle ich nicht viel. Dann merke ich, ich existiere einfach nur. Ich mache das, was irgendwie jeder macht und ich lebe ein normales Leben. Ich bin normal und fühle wenig. Ich bin angepasst. Ich halte mich zurück und befinde mich mit meinen Sinnen komplett im Außen. Ich schaue, was Andere machen und mache mit.

Ich bin ständig krank und lerne fleißig für die Schule oder Uni.

Tjaja… schließlich, will ich ja mal was werden; viel Geld verdienen, einen sicheren Job bekommen und eben das, was jeder so will. Ja, das gehört sich so und funktioniert ja auch. Und bis dahin hab ichs ja auch einfach so gemacht, so wie Jeder eben. So, wie mein Umfeld. Ich bin da und existiere. Ich überlebe. Meine Gewohnheit gibt mir Sicherheit. In meiner gewohnten Umgebung kann ich einfach so weiter funktionieren.

Wenn alle das machen, was eben gemacht wird, dann fällt es auch nicht auf.

Solange da keiner aus der Reihe tanzt, muss sich auch Nichts verändern. Das läuft dann eben so. Leben halt. Läuft und macht man so. Tut mir leid, dass ich aus der Reihe tanze…

Individualität? Lebendigkeit? Ich-Sein? Tiefe Freude? Aus vollem Herzen glücklich und unabhängig sein? Fehlanzeige. Angepasst und der Fokus eher auf dem Schlechten, weil ja verständlicherweise auch einfach viel Nicht so Gutes da ist. Läuft.

Ja, ich bin nicht mehr wie früher. Und darüber bin ich froh, sehr froh. Ich bin dankbar für die Erfahrungen, die ich gemacht habe. Ich bin dankbar dafür, dass ich fast gestorben wäre. Denn dadurch habe ich erkannt, was das Leben wirklich ist. Ich habe erfahren, dass das Leben mehr ist als das, was ich bisher kannte. Früher hätte ich das auch nicht geglaubt, da ich es selbst nicht erfahren habe. Ja, ich würde vielleicht immernoch funktionieren. Wäre immernoch ständig kränklich und würde denken, ach ey, scheiß Immunsystem, aber ist ja nun mal so.  Aber nein, das kann ich eben nicht mehr. Ich bin gefühlt aufgewacht.

Ich kann Nichts dafür. Und ich will Niemandem etwas Böses. Nur mir reicht eben nicht mehr, was davor war. Ich kann nicht mehr einfach nur wegschauen. Ich gebe mich mit Leid nicht mehr zufrieden und glaube, dass das für mich eben so sein müsste. Tja, scheiße ists für dich, es muss eben auch die Verlierer geben. Einige haben eben mehr Leid abbekommen als andere.. so ist das Leben.

Nein?! Jeder hat es verdient! Jeder! Du auch!

In dieser einen Nacht damals im Krankenhaus, in der ich nicht schlafen konnte, mich die Sondennahrung am Leben hielt, ich verzweifelt war und es mir wirklich schlecht ging.. In der ich keinen Sinn in all dem hier gesehen habe. In dieser einen Nacht änderte sich alles...Auf einmal sprach mein Herz zu mir.  …und ja, seitdem bin ich ein anderer Mensch. Seitdem lebe ich. Und zwar so richtig! So lebendig habe ich mich noch nie gefühlt. Es ist als wäre ich in dieser einen Nacht neu geboren worden.

Wenn dir so etwas passiert und du auf einmal die Welt aus einer völlig anderen Perspektive betrachtest.

Wenn du auf einmal dein gesamtes bisheriges Leben verstehen und annehmen kannst.

Wenn du weißt, warum die Dinge so passiert sind, wie sie passiert sind und du die Zusammenhänge siehst und weißt, warum alles so kam, wie es kam.

Und dazu dann auch noch spürst und weißt, wie du dein Leben verändern kannst.

Und du weißt woher dein Leid kommt, nämlich daher, weil dir etwas Entscheidendes gefehlt hat, dann kannst du dein Leben nicht mehr Leben, wie du es bisher gelebt hast.

Und, dann willst du es auch gar nicht, weil du realisierst, dass du davor nicht gelebt hast.

Nicht für dich. Und auf einmal fängt es an wehzutun.

Auf einmal fängst du an zu spüren, wenn du etwas gegen dich machst. Du merkst, wenn du Dinge tust, die nicht deinen Gedanken entspringen. Und ja, auf einmal konnte ich gar nicht anders, als mich selbst anzunehmen und zu lieben.

Und dabei ist es, für Einige: leider, geblieben.

Ich merke, wenn mir etwas nicht gut tut. Und ich bin dankbar dafür.

Früher habe ich ein sehr sensibles Gefühl dafür entwickelt, was andere Menschen brauchen, was andere Menschen fühlen, wie es anderen Menschen geht. Ich bin unbewusst darauf eingegangen. Ich habe gemerkt, wenn ich anderen Menschen etwas Gutes tue und ihnen dabei helfe, sie zufrieden zu machen, dann bekomme ich ein bisschen von ihrer Zufriedenheit ab. Dann geht es mir in gewisser Weise gut.

Diese Gabe ist heute natürlich nicht weg. Ich lernte sie anzunehmen.

Sie ist ein Teil von mir.

Ich spüre heute noch sehr deutlich, was Menschen eigentlich bewegt und auch, wenn sie sich selbst im Weg stehen. Und eben auch, wenn sie leiden. Und es ist noch immer mein Bedürfnis, dass es ihnen gut geht.

Nur, es hat sich etwas geändert.

Früher bin ich einfach unbewusst mitgeschwommen.

Ja, ich konnte gar nicht anders. Das war meine Überlebensstrategie. Bloß nicht anecken und es allen Anderen recht machen. Das war sicher, dann falle ich nicht auf. Wenn man das sein gesamtes Leben macht, dann wird das zur Gewohnheit. Und weh tun, tut es auch nicht, da man sich an Schmerzen gewöhnt. Dass man vermehrt krank wird, ist vielleicht komisch, kann aber auch als normal abgetan werden. Passiert halt…

Es hat sich etwas verändert.

Mein Bedürfnis ist es wie gesagt noch immer, Menschen dabei zu helfen, dass es ihnen gut geht. Damals wollte ich, dass sie zufrieden sind, dass einfach nur ihr Leid in diesem Moment kurz weg ist. Doch ich habe erlebt und erfahren, dass das Leben so viel mehr ist.

Ich habe erfahren, dass das Leben so, so wundervoll ist und, dass es das Leben gut meint, mit allem, was hier irgendwie so, Tag ein Tag aus passiert. Ich habe erlebt, wie es sich anfühlt wirklich, wirklich glücklich zu sein. Wie es ist, von Innen heraus zu strahlen und einfach dankbar dafür zu sein, dass ich lebe und liebe und lachen kann.

Das Gefühl der unbeschwerten Freiheit und die Leichtigkeit des Seins

Ja, das habe ich nun mal erlebt… Ich bin dankbar dafür. Und genau, weil ich es erlebt habe: Einmal wie es davor war, wo es zwar lief und man sich irgendwie so über Wasser gehalten hat. Und das, wie es jetzt ist, wie es danach ist. Ich kenne Beides und wenn ich die Wahl habe, dann wähle ich das, wie es jetzt ist. Ja, ich entscheide mich dafür, weil es einfach wundervoll ist.

Und genau das hat sich geändert.

Ich kann das, was ich erlebt habe, nicht wieder weg machen. Das ist passiert. Ich habe mich weiterentwickelt als Mensch.

Und: Ich spüre noch immer, wenn es meinem Gegenüber nicht gut geht, das ist geblieben. Nur jetzt gehe ich tiefer, weil ich die Zusammenhänge sehe und sie erfahren habe.

Ja, es ist beängstigend sich selbst zu begegnen. Ja, es kann weh tun. Ja, es ist nicht immer einfach. Und es war auch nicht immer einfach. Aber hey, es war und ist es sowas von wert.

Und ich würde es nicht wieder rückgängig machen wollen.

Da ist dieses Bedürfnis in mir, meine Erfahrung zu teilen. Ich möchte gern Menschen dabei unterstützen, das auch zu erleben. Ich habe auch das Gefühl, dass ich das kann.

Nur ja, du musst dafür bereit sein.

Und ja, seitdem bin ich ein anderer Mensch und wenn ich spüre, dass Menschen leiden, dann weiß ich, dass das dazu gehört, aber auch, dass das nicht länger so bleiben muss.

Und ich verspüre dann das tiefe Bedürfnis, ihnen zu helfen und meine Erfahrungen mit ihnen zu teilen. Denn ich spüre auch, dass sie genauso glücklich und fröhlich sein können. Und auch, wie sie das anstellen können.

Nur: Sie müssen dafür bereit sein.

Und ja, es kann sein, dass sie sich von mir entfernen… Das kann ich verstehen. Denn Menschen wollen nicht mit ihrem Schmerz konfrontiert werden. Menschen wollen nicht leiden. Das kann ich total verstehen. Ich wollte das auch nicht. Und habe mich auch davor gedrückt.

Und ich hatte auch AngstJa, ich kenn das, ich weiß, wie das ist.

Und ich weiß auch, dass es sich im alten Leid sicher anfühlt.

Und doch ist der Schmerz etwas, was einfach dazu gehört. Und wenn man genauer hinschaut, dann kann er so viel geben. Und in kürzester Zeit kann sich so viel verändern. 

Ich wollte auch lang nicht hin schauen, bis ich fast aufgegeben habe und es nicht mehr weit zum Tod war. Ja, war halt so. Und ja, ist halt ganz schön krass bei mir gewesen und das heißt ja nicht, dass es bei Anderen auch so verläuft.

Aber, darum geht es ja gar nicht wirklich… was ich für mich nur heute weiß, ist, dass das Leid, welches jetzt da ist, schon ausreichen sollte, um Nachdenken. 

Und, ich möchte Menschen dabei unterstützen, aus dem Leid und was damit zusammenhängt, auszusteigen.

Ich glaube, naja, nee, mehr noch: Ich bin davon überzeugt, dass es jeder Mensch verdient hat, glücklich zu sein, und zwar so richtig. So richtig, richtig doll!

Jeder Mensch hat es verdient, sich so richtig, richtig gut zu fühlen und voller Liebe zu sein.

Und, ich glaube auch, dass, wenn ganz viele Menschen das erleben und voller Liebe und Glück übersprudeln und das Beste auch ihrem Umfeld wünschen und mitgeben, weil sie wissen wie, weil sie es selbst erfahren haben, dann kann sich eine Menge in der Welt bewegen.

Große Gedanken und vielleicht ein wenig größenwahnsinnig.

Aber sind nun mal meine Gedanken… das ist mein Ziel, das kommt von Herzen. 

Was hält dich heute noch zurück?

Alles Liebe,
Nadin